Dreiundvierzig Werke von Lucian Freund zeigt das Kunsthistorische Museum
in einer Sonderausstellung. Lucian Freund (1922–2011), der Enkel
des Psychoanalytikers Sigmund Freud, hat noch vor seinem Tod in Zusammenarbeit
mit seinem langjährigen Assistenten David Dawson die Auswahl der
hier gezeigten Werke bestimmt. Die Arbeiten seiner fast siebzigjährigen
Schaffensperiode sind chronologisch und klassisch gehängt, sie zeigen
die Entwicklung des stets figurativ malenden Künstlers. Ausgestellt
sind Portraits, besonders Selbstportraits , Stilleben und Landschaften.
Lucian Freud wuchs in Berlin auf, seine elterliche Wohnung war mit Reproduktionen
von Gemälden und Zeichnungen Dürers, Tizians und Pieter Brueghels
geschmückt. Dies begründete eine lebenslange Auseinandersetzung
mit der Kunst der Alten Meister. Er besuchte Museen und er variierte auch
Werke der alten Kunst, das heißt er kopierte sie nicht, sondern
veränderte in seinem Bild die Komposition und malte im eigenen Stil,
nicht imitierend. Sein Lieblingskünstler war Tizian. Als Elfjähriger
emigrierte er mit seinen Eltern nach London. Mit sechzehn erhielt er die
Geschichte Ägyptens von J.H. Breasted, die ihn zur altägyptischen
Skulptur hinführte. Bilder seiner ersten Schaffensperiode erinnern
an Bilder der neuen Sachlichkeit. Die Bilder sind in akribischer Kleinarbeit
mit einem Zobelhaar-Pinsel gemalt. Ab den fünfziger Jahren änderte
sich sein Stil, mit gröberem Schweinsborsten-Pinsel malt er locker
bis zu den monumentalen Gemälden der achtziger und neunziger Jahre.
War in den Jahren bis 1980 das Kaufinteresse an seiner Kunst gering, explodierten
ab 1980 die bezahlten Summen für seine Bilder.
Die beiden Bilder Girl in a Dark Jacket
und Baby on a Green Sofa zeigen
beispielhaft den Stilwandel und den unterschiedlichen Umgang mit dem Pinsel.
Girl in a Dark Jacket entstand 1947 und zeigt seine Freundin
Kitty Garman, die er 1948 heiratete. Freud malt jedes Detail, und dabei
vereint das Bild sowohl Eigenschaften einer Zeichnung als auch eines Ölbildes.
Der eisige Blick der großen, fast katzenartigen Augen Kittys vermittelt
den Eindruck von Versunkenheit. Ganz anders das 1961 entstandene Bild
seiner Tochter Bella. Das schlafende Baby ist mit einem breiten Pinsel
gemalt, Licht und Schatten sind nuanciert wiedergegeben, alles wirkt weicher,
malerischer und weniger linear zeichnerisch als im ersten Bild.
Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog in deutsch und englisch
erschienen. Das reichbebilderte Werk enthält nicht nur alle ausgestellten
Werke in Farbabbildung mit Beschreibung sondern auch zahlreiches Essays
zu Freud.
Die Ausstellung enthält Leihgaben aus den großen Museen, darunter
das Metropolitan Museum of Art in New York, die Londoner Tate und das
Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid sowie von Privatsammlern. So gibt die
von Jasper Sharp kuratierte Ausstellung einen Überblick über
das Schaffen von Lucian Freud.
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