Die Determinanten, Raten und Phasen des Wachstums und der Industrialisierung
im 18. und 19. Jahrhundert stehen im Mittelpunkt des Interesses eines
erheblichen Teils der neueren wirtschaftshistorischen Literatur. Der vorliegende
Band Michael Pammers, hervorgegangen aus einer 2001 an der Universität
Linz angenommenen Habilitationsschrift, beschäftigt sich dagegen
mit den Konsequenzen von Wachstum und ökonomischer Entwicklung.[1]
Genauer, es geht um die Struktur und Verteilung der privaten (Sach-)Vermögen
als gewichtige, doch gewiß nicht einzige die Wohlstandsverteilung
bestimmende Faktoren. Die Untersuchung erstreckt sich dabei auf die Vermögenslage
der Bevölkerung im Gebiet des heutigen Österreichs während
der Periode 1820 bis 1913.
Das einführende erste Kapitel skizziert knapp den relevanten historiographischen
Kontext, erörtert einige der Zusammenhänge zwischen Wachstum-Verteilung
und Einkommen-Vermögen, um sich dann den analytischen Kategorien
zuzuwenden, unter deren Zuhilfenahme das Datenmaterial im Hinblick auf
die Vermögensverteilung untersucht wird. Ein hier angesprochenes
Problem ist das der Kapitalmarktsegmentierung durch rechtliche, moralische
oder sonstige institutionelle Beschränkungen, die bestimmte Bevölkerungs-
und Berufsgruppen von manchen Anlagen ausschloß und damit auf die
Verteilung einwirkte. Die Bedeutung dieser Beschränkungen nahm über
das 19. Jahrhundert jedoch tendenziell ab.
Mehr als die Hälfte des Haupttexts gilt der detaillierten, deskriptiven
Behandlung der sich im Zeitablauf ändernden demographischen Faktoren
und Kapitalmarktcharakteristika, die als »Randbedingungen für
Wachstum und Verteilung« (S. 42) auf die Vermögen einwirken.
Zunächst wendet sich Pammer, nach Regionen unterscheidend, der Altersstruktur
und der Bevölkerungszusammensetzung nach Geschlecht, Beruf, Stellung
im Beruf und sektoraler Zugehörigkeit zu (zweites Kapitel). Dies
ist insofern von Bedeutung, als Änderungen in der Verteilung des
Vermögensaggregats einerseits das Ergebnis von sich verändernden
Vermögensdifferentialen zwischen den einzelnen so definierten Personengruppen
sein können, andererseits auf Verschiebungen in den Anteilen dieser
Personengruppen an der Gesamtbevölkerung zurückgehen. Insgesamt
werden knapp zwanzig demographische Kategorien unterschieden und ausführlichst
erläutert. Diese bilden Teil der materiellen Grundlage für die
in den Kapiteln 4 bis 6 folgenden Schätzungen der Vermögenshöhe,
-verteilung und -struktur. Es fragt sich allerdings, ob die demographischen
Veränderungen hier auf über siebzig Seiten wirklich in all ihren
Facetten ausgeleuchtet werden müssen, um den Problemen im Mittelpunkt
dieser Studie auf den Grund gehen zu können. Ein Großteil des
in diesem Kapitel präsentierten Zahlenmaterials, einschließlich
der dazugehörigen quellenkritischen Diskussion, könnte im Interesse
der Beschränkung auf das Wesentliche in einem Anhang untergebracht
werden.
Knapper und mit präziserem Fokus stellt sich die Untersuchung der
Kapitalmarktbedingungen im folgenden Kapital dar. Das – wenn auch
im internationalen Vergleich moderate – Wachstum der österreichischen
Wirtschaft im 19. Jahrhundert ging einher mit der Zuname des privaten
und öffentlichen Kapitalbedarfs, dem mit steigenden Einkommen der
Bevölkerung zunehmende, nach Anlage suchende Ersparnisse gegenüberstanden.
Wie zu erwarten und auch für andere Volkswirtschaften beobachtet,
bot der österreichische Kapitalmarkt am Ende der Untersuchungsperiode
ein gänzlich anderes Bild als in der ersten Hälfte des Jahrhunderts.
Dies ist nicht nur ein Ergebnis des zunehmenden Marktvolumens, sondern
auch und gerade der Diversifikation der Titel und Einlagen, die Anlegern
offeriert wurden. Besonders auffallend ist hier die zunehmende Mobilisierung
von Kleinkapitalien durch Spareinlagen, die in der ersten Jahrhunderthälfte
praktisch keine Rolle spielten, aber ab den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts
rasch an absoluter und relativer Bedeutung gewannen.
In den drei folgenden Kapiteln stützt sich die empirische Analyse
des Wachstums, der Verteilung und der Zusammensetzung der Vermögen
auf Individualdaten, die in Form einer nach Berufszugehörigkeit,
regionaler Herkunft und Alter geschichteten Stichprobe mit insgesamt knapp
7500 Einträgen aus gerichtlichen Nachlaßakten (»Verlassenschaftsabhandlungen«)
erhoben wurden. Wo es die Fragestellung erfordert, werden – wie
üblich – den einzelnen Schichten aus der Bevölkerungsstatistik
gewonnene Gewichte zugeordnet, um die Stichprobenergebnisse auf die Gesamtbevölkerung
übertragen zu können. Die dabei angewandten Methoden und aufgetretenen
Quellenprobleme werden in einem nützlichen Anhang ausführlich
erläutert. Zunächst schätzt Pammer die Höhe der Vermögen
als Funktion der Geschlechts- und Berufzugehörigkeit (dummies), des
Alters und der Zeit für die einzelnen Kronländer und, unter
Berücksichtigung zusätzlicher regionaler Dummies, die Alpenländer
als Ganzes. Hier dient die Regressionsanalyse jedoch nicht der Überprüfung
ökonomisch oder historisch explizit begründeter Hypothesen,
sondern lediglich, im Einklang mit der in der Einführung bekundeten
Absicht, der Beschreibung der Verhältnisse. Zwar bleiben einige relevante
Details der Schätzung weitgehend unangesprochen – so zum Beispiel
die nähere Begründung der gewählten Spezifikation; die
Bedeutung, die den Bestimmtheitsmaßen (zwischen 0,18 und 0,34) beigemessen
wird; die genaue Zusammensetzung der abhängigen Variablen (pooling)
und das angewandte Schätzverfahren –, im großen und ganzen
sehen die Ergebnisse aber plausibel aus. Demnach hatten, erstens, Männer
signifikant größere Vermögen als Frauen, und Berufsgruppen
mit höheren Vermögen waren vor allem mit Männern besetzt.
Zweitens, die Koeffizienten der einfachen und der quadrierten Altersvariablen
haben die »richtigen« Vorzeichen und sind jeweils signifikant,
was auf anfängliche Ersparnisbildung und Vermögensauflösung
im Alter hindeutet. Drittens, gemessen über die Alpenländer
insgesamt, ergeben sich deutliche Vermögensdifferentiale zwischen
den Kronländern. Viertens, und dies dürfte kaum überraschen,
Berufsgruppen, die in der Regel mit höheren Einkommen assoziiert
werden, das heißt Unternehmer, Freiberufler und die oberen Ränge
der Bürokratie, verfügten im 19. Jahrhundert auch über
deutlich höhere Vermögen als zum Beispiel Dienstboten. Fünftens,
die aggregierten Vermögenswerte stiegen im Zeitablauf, und das, separat
geschätzte, Wachstum des realen Pro-Kopf Vermögens belief sich
im jährlichen Durchschnitt auf circa 1,2 Prozent, das heißt
es war auf ungefähr gleicher Höhe mit dem Einkommenswachstum.
Im folgenden, fünften Kapitel über die Vermögensverteilung
wird zwischen regionaler und sektoraler Ungleichheit unterschieden. Gemessen
wird die Verteilung mittels eines modifizierten, in drei Komponenten zerlegten
Gini-Koeffizienten, der es erlaubt, das Gesamtmaß der Ungleichheit
auf die gewichteten Beiträge der Vermögensungleichheit innerhalb
der zum Beispiel nach Beruf oder Region unterschiedenen Gruppen, der Unterschiede
zwischen den Durchschnittsvermögen dieser Gruppen und schließlich
der überlappenden Verteilungen verschiedener Gruppen zurückzuführen.
Für das Gebiet des heutigen Österreich während der Periode
1830 bis 1910 lag der gesamte Gini-Koeffizient immer über 0,8 und
zeitweise sogar über 0,9, also bei Werten in der Nähe maximaler
Ungleichheit, die jedoch als nicht überraschend im internationalen
Vergleich und »bei Wirtschaften in den ersten Jahrzehnten des
modernen Wirtschaftswachstums« (S. 202) angesehen werden. Besonders
hoch war das Maß der Ungleichheit dabei am Anfang und gegen Ende
der Untersuchungsperiode. Über die ganze Zeitspanne gemessen (aber
mit intertemporalen Abweichungen), gingen circa zwei Drittel der gesamten
Ungleichheit auf Unterschiede zwischen den Kronländern zurück,
wobei überlappende Verteilungen größere Bedeutung als
die Unterschiede in regionalen Durchschnittsvermögen hatten. Der
Rest war das Ergebnis intra-regionaler Vermögensungleichheit, die
jedoch ebenfalls eine stark regionsspezifische Komponente beinhaltete:
zwischen fünfzig und neunzig Prozent der gesamten innerregionalen
Ungleichheit gehen auf Niederösterreich zurück, was sich mit
dessen hohem Anteil an der österreichischen Gesamtbevölkerung
und dort besonders ausgeprägten Vermögensunterschieden erklären
läßt. Zugleich waren die Vermögen in Niederösterreich
höher als in den übrigen Regionen, wie der Vergleich aus potenzieller
Zu- oder Abwanderung resultierender »Gewinne« zeigt. Der Abstand
zu den anderen Regionen verringerte sich erst in den beiden letzten Jahrzehnten
vor dem Ersten Weltkrieg. Unter sektoralen Gesichtspunkten war die beobachtete
Vermögensungleichheit von der Ungleichheit zwischen verschiedenen
Berufsgruppen dominiert; circa achtzig bis neunzig Prozent lassen sich
auf Mittelwertunterschiede zurückführen. Die sektorale Gliederung
korrespondierte damit ziemlich eng mit nach Vermögensstatus homogenen
Gruppen. Die »Wanderungsanalyse« zeigt weiter, daß Oberschichtgruppen
(Unternehmer, Freiberufler, Privatiers und hohe Beamte) fast immer in
einer vorteilhafteren Vermögensposition waren als Angehörige
der Mittel- und Unterschichten. Innerhalb der verschiedenen Berufsgruppen
blieb das Maß der Ungleichheit im Zeitablauf weitgehend konstant,
doch gab es ausgeprägte absolute Unterschiede in der innersektoralen
Ungleichheit zwischen den verschiedenen Sektoren. Die Landwirtschaft und
teilweise auch die freien Berufe zeigten deutlich egalitärere Vermögensstrukturen
als Gewerbe, Handel, Bürokratie und die sonstigen Bereiche. Pammer
schließt, daß Veränderungen in der sektoralen Struktur
eine allenfalls partielle Erklärung der Veränderungen der Vermögensverteilung
im 19. Jahrhundert offerieren. Zunächst, so das Argument, verstärkte
die anfänglich wahrscheinlich noch zunehmende Bedeutung der Landwirtschaft
den Trend zu mehr Gleichheit nach 1830. Sektoraler Wandel führte
aber in der zweiten Jahrhunderthälfte tendenziell zu zunehmender
Ungleichheit, um in den letzten zwei, drei Jahrzehnten vor dem ersten
Weltkrieg wieder leicht egalisierende Einflüsse auszuüben. In
dieser letzten Phase, so wird vermutet, kompensiert die abnehmende intersektorale
Ungleichheit den Verteilungseffekt eines relativ kleiner werdenden, egalitär
strukturierter landwirtschaftlichen Sektors. Für die nicht so recht
ins Bild passende extreme Ungleichheit am Anfang der Periode (1830) greift
der Autor auf eine ad hoc Erklärung zurück. Demnach kam es vor
1820 durch Inflation und Staatsbankrott zur Vernichtung von Geldvermögen
und Forderungen auf Papiergeldbasis, die kleinere Vermögen tendenziell
härter traf als größere. Die Verteilungskoeffizienten
für 1830 »könnten von dieser Geschichte gepägt
sein, während dann die Werte für die folgenden Jahrzehnte die
[…] Rückkehr zur Normalität indizieren würden«
(S.217). Die Dynamik dieses Prozesses bleibt unerforscht. Dies hat aber
weitere Konsequenzen für die Interpretation der Verteilungsänderungen
ab 1850/60 in den Alpenländern als Ganzes, und zumindest auch Niederösterreichs,
als Bewegungen entlang (des aufsteigenden) Asts einer auf Vermögen
angewandten Kuznets-Kurve (S. 207–208, 272). Wenn, wie hier, der
Beginn des modernen Wirtschaftswachstums in Österreich ungefähr
auf die zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts datiert wird, so stellt sich
die Frage, weshalb Wachstum in den frühen Stadien und entgegen der
Kuznets-These zunächst mit abnehmender Verteilungsungleichheit einhergeht,
um später, das heißt nach circa dreißig Jahren, mit zunehmender
Vermögensungleichheit verbunden zu sein. Kurz, ohne eine explizite
Auseinandersetzung mit den theoretisch und empirisch zu erwartenden time-lags
zwischen aus Wachstum resultierenden Einkommenszuwächsen und der
Veranlagung daraus entstandener Ersparnis bleibt das Argument unscharf.
Die Untersuchung der Vermögenszusammensetzung unterscheidet die
folgenden Anlageformen: Spareinlagen, Girokonten, Anleihen, Aktien, Versicherungsansprüche,
Privatforderungen, Immobilien, Mobilien, Edelmetall und Bargeld. Die gleiche
Stichprobe wie in den vorigen Kapiteln 4 und 5 auswertend, schätzt
der Autor für jede dieser Anlagen Logit Regressionen mit (a) dem
Vorkommen dieser bestimmten Anlageform in Vermögensbeständen
und (b) deren Anteil an den Aktiva als (unterschiedlich) begrenzte abhängige
Variable. Erklärende Größen sind zumeist die bereits aus
der Untersuchung des Vermögenswachstums bekannten plus eine weitere
die Konfessionszugehörigkeit reflektierende dummy Variable. Hier
geht es vor allem darum, gruppenspezifische Portfoliostrukturen oder Neigungen,
bestimmte Anlagen zu halten, aufzudecken. Der Mangel weitergehender Erläuterung
zu den empirischen, theoretischen oder praktischen Gründen für
die Wahl des Ansatzes, sowie zur Interpretation der Koeffizienten und
Bestimmtheitsmaße dürfte aber für mit der Ökonometrie
wenig vertraute Leser den Zugang unnötig erschweren. Die angegebenen
Meßgrößen (MacFadden’s R2 und log-likelihood ratios)
indizieren jedoch ein insgesamt relativ hohes Maß statistischer
Aussagekraft der Schätzungen für die meisten Anlagen. Zunächst
ist festzuhalten, daß Immobilien, Privatforderungen und Wertpapiere
während des Untersuchungszeitraums den Großteil der gesamten
Vermögen ausmachten. Gleichzeitig stieg aber die Bedeutung der Finanzmittel
zu Lasten des Immobilienvermögens, während Privatforderungen
aufgrund zunehmender kommerzieller Kredite an relativer Bedeutung verloren.
Unter den erklärenden Variablen stellt sich die absolute Größe
des Vermögens einer Person als besonders wichtig sowohl für
das Vorkommen einer Anlageform als auch deren Anteil am Vermögen
heraus. Mit anderen Worten, größere Vermögen waren differenzierter
strukturiert als kleine. Darüber hinaus bestanden größere
Vermögen vor allem aus Aktien, Anleihen, Privatforderungen und Immobilien,
während in kleineren Edelmetalle, Mobilien und Bargeld einen gewichtigen
Anteil hielten. Es lassen sich also superiore und inferiore Anlageformen
unterscheiden. Interessant ist weiters die Beobachtung, daß Spareinlagen
und, mit Einschränkung, Lebensversicherungen als vor allem für
Kleinanleger intendierte Anlageformen keine negative Assoziation mit der
Vermögensgröße zeigen – dies waren also Instrumente,
die auch von Besitzern größerer Vermögen genutzt wurden.
Dies schmälert jedoch nicht die Bedeutung, die diese Anlageformen
für Unterschichtangehörige vor allem aus Gewerbe und tertiärem
Sektor hatte. Innerhalb der Landwirtschaft findet sich ein prononcierter
Gegensatz im Anlageverhalten der Selbständigen, die Immobilien besaßen,
und der Auszügler und Unselbständigen, die in besonderem Maß
Privatforderungen hielten. Dies reflektiert die spezifische erbrechtliche
Situation in diesem Sektor, in der häufig die übrigen Nachkommen
eines Erblassers mit einer de facto nicht liquidierbaren Forderung gegen
den hofübernehmenden Erben bedacht wurden. Im gewerblichen Bereich
dagegen waren die Anlagemöglichkeiten für Unterschichtangehörige
institutionell deutlich weniger begrenzt: unter sonst gleichen Bedingungen
und mit Ausnahme der Bauern und Kleinhandwerker, war Immobilienbesitz
hier signifkant häufiger oder zumindest ebenso stark verbreitet wie
in einigen anderen Berufsgruppen. Zudem wurden Finanzanlagen in Form von
Sparbüchern gehalten. Die Wertpapier- und insbesondere Aktienmärkte
wurden dagegen in erster Linie von den Besitzern größerer Vermögen
und der Oberschicht genutzt, die auch vergleichsweise hohe Anteile an
ihren Vermögen in Wertpapieren anlegten.
Den Gesamtzusammenhang von Wachstum, Verteilung und Struktur der Vermögen
sieht Pammer gekennzeichnet, erstens, durch das unterschiedlich hohe Wachstum
der Vermögen der verschiedenen Berufs- oder Bevölkerungsgruppen,
das tendenziell vermögendere Gruppen bevorzugte und damit Verteilungsungleichheit
beförderte. Zweitens, der im Zeitablauf abnehmende Anteil des insgesamt
eher egalitär strukturierten primären Sektors an der Bevölkerung
bewirkte langfristig einen ähnlichen, die Ungleichheit verstärkenden
Effekt auf die Verteilung. Drittens, die Vermögenszusammensetzung
änderte sich als Ergebnis gruppenspezifischer Anlagemuster und demographischen
Wandels: der Bevölkerungsanteil der Gruppen, die bevorzugt in Finanzmittel
investierten, nahm zu, und jene Gruppen, deren Vermögen überproportional
wuchsen, investierten ebenfalls in Finanzanlagen. Dies führte zu
einem relativen Bedeutungsverlust von Immobilien und Privatforderungen
als Anlageformen. Diese Ergebnisse werden insgesamt durch das hier angebotene
empirische Material unterstützt.
Die Stärke dieser Arbeit liegt in ihrem umfassenden Zugriff auf
Mikrodaten und deren statistisch-ökonometrischer Untersuchung. Ein
Großteil des dichten Texts dient dabei der detaillierten Präsentation
und Kommentierung der Daten und Schätzresultate, die ein Bild regional
und sektoral stark differenzierter, sich im Zeitablauf ändernder
Verteilungsmuster entwirft. Was dabei eher zu kurz kommt, ist die Diskussion
der weiteren historischen Implikationen dieser Ergebnisse. Wiewohl in
der Einführung auf das Problem kurz abgestellt wird, bleibt zum Beispiel
die Frage, inwieweit die dargestellten Merkmale der Vermögensverteilung,
und deren Veränderungen im Lauf des 19. Jahrhunderts, auf die Dynamik
und Struktur des Wachstumsprozesses in Österreich zurückwirkten,
weitgehend unbehandelt. Wenn damit auch gängige Interpretationen
der österreichischen Wirtschaftsentwicklung nicht nachhaltig in Frage
gestellt werden, so steht dem gegenüber das Verdienst, ein zentrales,
doch bislang im österreichischen Kontext wenig erforschtes historisches
Problem aufzugreifen. Hier handelt es sich um eine detailreiche, gründliche
Untersuchung, die jedem, der sich mit der Wirtschaftsgeschichte Österreichs
befaßt, zum Studium empfohlen ist.
Anmerkung
1. Michael Pammer, Entwicklung und Ungleichheit. Österreich im
19. Jahrhundert, Stuttgart (Franz Steiner) 2002 (= VSWG-Beihefte
161).
Die Rubrik habilitation wurde in dieser Ausgabe von Dieter Stiefel herausgegeben.